Ansprechpartner
Dr.-Ing. Martin Rott
Zielsetzung
Vor etwa 30 Jahren wurde am Lehrstuhl für Raumfahrttechnik ein plasmadynamischer Beschleuniger zur Simulation von Mikrometeoroiden aufgebaut. Seither wird dieses Beschleunigungsprinzip weiterentwickelt und die Leistungsfähigkeit gesteigert. Aufgrund der dabei gewonnenen Erkenntnisse und Fertigkeiten werden am Lehrstuhl weitere Hochleistungsbeschleuniger entwickelt, gebaut und betrieben. Diese Beschleuniger arbeiten nach dem elektrothermischen, elektromagnetischen oder elektrodynamischen Prinzip; ihnen allen ist die Verwendung einer Kondensatorbank als Energiequelle gemeinsam.
Kurzbeschreibung
Plasmadynamischer Teilchenbeschleuniger:
Am Lehrstuhl wurde vor über 25 Jahren mit dem Aufbau eines Hochgeschwindigkeitsbeschleunigers zur Simulation von Mikrometeoroiden und Space Debris begonnen. Dieser wird bis heute vielfach verbessert und mit neuen Komponenten aufgerüstet und ergänzt. Mit der plasmadynamischen Beschleunigeranlage können Teilchen im Durchmesserbereich von etwa 30 µm bis 100 µm auf Geschwindigkeiten von etwas mehr als 12 km/s beschleunigt werden. Als Teilchen werden Glaskugeln verwendet, die durch einen sehr schnellen Plasmajet aerodynamisch beschleunigt werden. Der Plasmajet selbst wird durch Ionisation von eingespritztem He-Gas in einer koaxialen Elektrodenanordnung (Durchmesser: 33 mm; Länge: 160 mm) durch die Stoßstromentladung einer Kondensatorbank (Kapazität: 352 µF) erzeugt und beschleunigt. Bei Ladespannungen der Kondensatorbank bis zu 16 kV treten Spitzenströme bis zu 450 kA auf. Am Ende der koaxialen Elektrodenanordnung wird das Plasma in einer eigenerregten konischen Spule (Kompressionsspule) verdichtet. Der so gebündelte Plasmajet tritt dann in Wechselwirkung mit den ruhenden Mikroteilchen und beschleunigt diese. Die obige Abbildung zeigt die Elektodenanordnung mit der Kompressionsspule.
Der Beschleuniger wird in einem Vakuumtank (Durchmesser: 85 cm; Länge: 220 cm) betrieben. Dieser Tank ist über ein Rohrstück mit der eigentlichen Einschlagkammer (Durchmesser: 90 cm; Länge: 80 cm) verbunden. Diese Kammer kann bis auf 10-5 mbar evakuiert werden. Typische Einsatzgebiete dieses Beschleunigers sind die Simulation von Mikrometeoroiden, die Grundlagenuntersuchungen zu Hochgeschwindigkeitseinschlägen und die Kalibrierung von Weltraumexperimenten zur Staubforschung.
Elektrothermischer Teilchenbeschleuniger:
Dem Beschleuniger liegt folgendes Prinzip zu Grunde: Mit Hilfe der in einer Kondensatorbank (60 µF; 12 kV) gespeicherten Energie wird durch eine Stoßstromentladung in einer sehr engen Kapillare (Länge 20 bis 40 mm) zwischen zwei Elektroden ein Hochdruckplasma (bis 10 kbar) erzeugt. Eine der beiden Elektroden ist als Lauf (Durchmesser 4 mm) ausgebildet, in der sich ein kalibergleiches Projektil befindet. Durch den hohen Plasmadruck in der Kapillare wird das Projektil beschleunigt. Für Projektilmassen von ca. 25 mg wurden im Vakuum maximale Geschwindigkeiten von bis zu 5,5 km/s erreicht. Für einen einstufigen Beschleuniger sind das extrem gute Werte. Auch wenn zum Erreichen dieser Geschwindigkeiten für jedes Experiment ein neuer Lauf und eine neue Kapillare (bedingt durch Bauteilerosion durch das Plasma) verwendet werden müssen, so zeichnet sich der Beschleuniger doch durch einen vergleichsweise einfachen Betrieb bei den unterschiedlichsten Anwendungen (wie z.B. Demonstrationsbeschleuniger in der Lehre; Einschlaguntersuchungen bei Hitzeschutzschilden; DOD Untersuchungen bei Triebwerkschaufeln; Einschlagexperimente in Wassereis) aus.
Elektromagnetischer Beschleuniger:
Der Wirbelstrombeschleuniger ist ein sehr einfach handzuhabender Beschleuniger, mit dem beliebige Staubteilchen auf einige hundert m/s beschleunigt werden können. Durch die starke Stromänderung bei der Entladung einer Kondensatorbank über die Beschleunigerspule wird in dieser ein sich stark änderndes Magnetfeld erzeugt. Über der Spule liegt nun eine dünne Aluminiumscheibe (z.B. d = 30 mm, t = 0,5 mm), in der ein Strom induziert wird, der ein dem ursprünglichen Magnetfeld entgegengerichtetes Feld erzeugt, was zur Beschleunigung der Aluminiumscheibe führt. In der Mitte der Scheibe (Sabot) befindet sich eine Körnung, um das Projektil aufnehmen zu können. Sabot und Projektil werden gemeinsam beschleunigt, und das Sabot wird dann über einen massiven Stopper aufgehalten, wohingegen das Projektil weiter auf das Experiment fliegen kann. Bei zu schweren Projektilen wird bei den sehr hohen Beschleunigungen (typisch 10 6 g) die Aluminiumscheibe durch die hohen Massenkräfte des Projektils zerstört. Optimierungen bei der Formgebung des Sabots führten in den letzten beiden Jahren zu einer erheblichen Leistungssteigerung des Beschleunigers. Stahlkugeln mit einem Durchmesser von 2,5 mm können nun zuverlässig auf bis zu 280 m/s beschleunigt werden.
Typische Einsatzbereiche für diesen Beschleuniger sind die Grundlagenuntersuchungen bei niedrigen Einschlaggeschwindigkeiten, die Untersuchungen zu Staubhaftung und die Simulation von Abriebpartikeln in Strahltriebwerken.