Die CityGML Utility Network ADE definiert ein umfassendes Datenmodell für die Repräsentation verschiedener Arten von Ver- und Ensorgungsnetzen wie Strom-, Trinkwasser-, Abwasser-, Gas-, Öl-, Fernwärme- und Telekommunikationsnetze und unterstützt damit anspruchsvolle Analysen und Simulationen, die eine kombinierte Sicht auf 3D-Stadtmodelle und Versorgungsinfrastrukturen erfordern. Mögliche Anwendungsbereiche der ADE sind Planung und Simulation von Fernwärme-, Strom- und Trinkwassernetzen, Planung und Betrieb smarter Stromnetze, Dokumentation und Visualisierung von Ver- und Entsorgungsnetzwerken, Vulnerabilitätsanalysen und Katastrophenschutz, Stadtsystemmodellierung und Smart Cities sowie Facility Management.
Die erste Version der ADE wurde von Prof. Thomas H. Kolbe gemeinsam mit Thomas Adolphi (geb. Becker) und Dr. Claus Nagel an der TU Berlin im Rahmen des BMBF-Verbundprojekts "Simulation von intersektoriellen Kaskadeneffekten bei Ausfällen von Versorgungsinfrastrukturen unter Verwendung des virtuellen 3D-Stadtmodells Berlins" (SIMKAS 3D) im Zeitraum von 2009-2012 entwickelt. In der Forschungsstudie "Gefahrenanalyse Versorgungssystem", an welcher der Lehrstuhl für Geoinformatik von 2015-2016 mitgearbeitet hat, wurde das Modell von Dr. Tatjana Kutzner und Prof. Kolbe erweitert. Im Jahr 2016 hat sich dann eine Interessensgemeinschaft von Mitgliedern aus Wissenschaft und freier Wirtschaft gegründet, die aktuell an der Überarbeitung und Fertigstellung der Utility Network ADE arbeitet. Ziel ist es, die Utility Network ADE als reguläres Modul in eine künftige Version 3.x des CityGML-Standards zu integrieren.
Die wesentlichen Eigenschaften der CityGML Utility Network ADE sind:
- Gleichzeitige Repräsentation heterogener Netze, d.h. die ADE beschränkt sich nicht auf die Abbildung bestimmter Arten von Netzwerken
- Duale Repräsentation, d.h. gleichzeitige topographische und topologische Repräsentation von Netzen in 3D
- Hierarchische Modellierung auf Objektebene (Komponente/Teilkomponenten) und Netzebene (Netz/Teilnetze)
- Repräsentation funktionaler Aspekte, erlauben auch bei fehlender detaillierter Modellierung von Versorgungsleitungen eine Analyse der Auswirkung eines Defekts an einem Netzelement auf eine bestimmte Region und die in dieser Region konkret betroffenen Stadtobjekte
- Verknüpfung zwischen verschiedenen Netzen sowie zwischen Netzen und 3D-Stadtmodellen, dies wird durch andere Standards bisher nicht unterstützt
- Modellierung von Multi-Netz-Szenarios, dies wird durch andere Netzmodellierungsstandards bisher nicht abgedeckt
Die Utility Network ADE gliedert sich in fünf Module:
- Network Core: Das wichtigste Module der ADE, definiert das topographische Modell (Feature und Netzwerk) und das topologische / funktionale Modell (Featuregraph und Netzwerkgraph)
- Network Components: Stellt die einzelnen Komponenten von Versorgungsnetzen bereit einschließlich Verteilerkomponenten für den Transport und die Verteilung der Ressourcen, Schutzkomponenten für die Netzwerksicherheit sowie funktionale Komponenten für die Kopplung, Wartung und Überwachung von Ressourcen und Verteilerkomponenten
- Feature Material: Definiert Außen-, Innen- und Füllmaterial von Netzwerkkomponenten
- Network Properties: Definiert die Ressourcen, die vom Netzwerk transportiert werden, sowie deren Eigenschaften (z.B. Temperatur, elektrische Leitfähigkeit, Druck, Entflammbarkeit)
- Functional Characteristics: Stellt die funktionalen Konzepte Versorgungsgebiet, funktionale Rollen, Versorgbarkeit/Versorgtheit bereit
Diese fünf Module definieren Konzepte, die für alle Arten von Ver- und Entsorgungsnetzwerken relevant sind. Konzepte, die nur von einzelnen Netzarten benötigt werden, werden in spezifischen Pakten für Fernwärme, Strom, Gas, Trinkwasser, etc. definiert, die derzeit in Entwicklung sind.