Die Nachfrage an dreidimensionalen Stadt- und Landschaftsmodellen steigt stetig. So werden diese beispielsweise für Standortanalysen oder Simulationen von Naturgefahren verwendet. Für viele Anwendungsfälle sind dabei neben der rein visuellen Darstellung auch die semantischen Informationen der Objekte relevant.
Zu diesem Zweck wurde an der TUM ein Pilotprojekt in Kooperation mit dem Land Vorarlberg und der Firma virtualcitySYSTEMS (VCS) gestartet, das als Ziel die Erzeugung eines semantisch auswertbaren dreidimensionalen digitalen Landschaftsmodells hat.
Projektbeschreibung
Das Landesamt für Vermessung und Geoinformation Vorarlberg plant den Aufbau eines landesweiten semantischen 3D-Landschaftsmodells, das neben 3D-Gebäuden und weiteren Bauwerken wie Brücken und Tunneln auch 3D-Informationen zu Verkehrswegen, Gewässern und weiteren topographischen Objekten enthält. Dieses Vorhaben wird exemplarisch für ein 175 km² großes Testgebiet als Kooperationsprojekt zwischen Wissenschaft (TUM), Wirtschaft (VCS) und Verwaltung (LVG Vorarlberg) umgesetzt.
Die Durchführung des Projekts erfolgt in den beiden aufeinander aufbauenden Phasen „Konzeptionsphase“ und „Demonstrationsphase“. Die grundlegenden Ziele dabei sind:
- Identifizierung potentieller Nutzer für ein dreidimensionales Landschaftsmodell
- Erstellung eines Anforderungskatalogs an das VoDLM3D
- Bestandsaufnahme der verfügbaren Geobasisdaten (Reichen diese aus, um die zu modellierenden Objektklassen in den gewünschten Detaillierungsstufen erzeugen zu können?)
- Datenmodellierung auf der Grundlage des internationalen Standards CityGML (u.a. Schema-Mapping zwischen den Geobasisdaten des LVG und dem Datenmodell von CityGML)
- Entwicklung von Workflows zur Datenmodellierung in 3D
- Prototypische Umsetzung des VoDLM3D für einen begrenzten Ausschnitt
- Repräsentation und Integration der erzeugten dreidimensionalen Daten mittels des WebClients
Die wesentliche Herausforderung besteht darin, ausgehend von einem digitalen Höhenmodell (DGM / DOM) sowie diversen 2D-Geobasisdaten möglichst automatisiert ein semantisch angereichertes 3D-Landschaftsmodell zu erzeugen.
Der verfolgte Ansatz basiert auf der prozeduralen Modellierung. Der entscheidende Vorteil dabei ist es, dass aus wenigen Eingangsinformationen sehr komplexe Objekte generiert werden können. Abhängig von der Objektart, die von 2D nach 3D transformiert werden soll, wird diese Überführung entweder workflowbasiert (mittels sequentiell ausgeführter GIS-Operatoren (wie z.B. Pufferung oder Extrusion)) oder mit Hilfe sogenannter Shape-Grammatiken realisiert. Letztere Variante erlaubt es, ausgehend von geometrischen Primitiven mittels einer Abfolge benutzerdefinierter Produktionsregeln sehr detaillierte dreidimensionale Modelle zu erstellen. So wird beispielsweise mittels der Information bezüglich der Brückenbauweise sowie aus dem einfachen Linienshape, das die generalisierte Brückenmittelachse repräsentiert, der komplette 3D-Brückenkörper abgeleitet.
Um dann die zunächst rein geometrisch erzeugten 3D-Modelle auch semantisch auswertbar zu machen, erfolgt anschließend der Übergang aller generierten Objekte auf das CityGML-Schema. Durch das zusätzliche Einbinden des semantischen 3D Digitalen Landschaftsmodells in den Webbrowser, sind umfangreiche Analysen und Interaktionen mit den 3D-Objekten plattformunabhängig möglich.
3D-WebClient
Um den 3D-WebClient zum Pilotprojekt "VoDLM3D" in Ihrem Webbrowser zu öffnen, klicken Sie bitte hier (aus Performance-Gründen sollte Google Chrome verwendet werden).
In dieser Demo sind alle im Rahmen des VoDLM3D-Projekts erzeugten thematischen Layer enthalten (Gebäude, Straßen, Flüsse, Skilifte, Hochspannungsleitungen, u.v.m.) und jeweils mit semantischen Informationen angereichert. Dies ermöglicht zum einen die Visualisierung dieser Daten, zum anderen aber auch thematische Abfragen und die interaktive Nutzung sowie Auswertung des semantischen 3D-Landschaftsmodells.
Der WebClient unterstützt unterschiedliche Funktionen:
- Schaltbarkeit von Einzelobjekten: Im „Control Panel“ sind alle integrierten Layer angezeigt. Durch Anklicken des Häkchens kann der jeweilige Layer aus- oder eingeblendet werden. Die erzeugten 3D-Objekte lassen sich alle gleichzeitig anzeigen. Für WMS-Layer oder Geländemodelle ist eine Mehrfachauswahl nicht möglich.
- Abfrage nach Attributen (räumliche bzw. thematische Selektion): Für die Durchführung einer Selektion muss in der Attribut-Liste zunächst das relevante Attribut durch Setzen des Hakens ausgewählt werden. Anschließend wird mittels des Buttons „Query by Attribute“ die Anfrage ausgeführt. Als Ergebnis werden die Objekte, auf die diese Anfrage zutrifft, farblich hervorgehoben und in der „Object Selection“ aufgelistet. Wenn mehrere Attribute selektiert sind, werden die Bedingungen UND-verknüpft.
- Einbindung von WMS-Diensten: WMS-Ebenen können sehr einfach in den bestehenden WebClient eingebunden und visualisiert werden. Hierfür wählt man im „Map Control“ die Option „Add WMS Layer Configuration“ aus und füllt die Felder entsprechend den Informationen des WMS-Layers. Anschließend wird die neu erstellte Ebene in der „Layer List“ angezeigt und kann dort ausgewählt werden.
- Einbindung von KML/COLLADA-Modellen: Des Weiteren ist es möglich, einzelne Modelle im COLLADA-Format einzubinden (beispielsweise, um künftige Planungen zu visualisieren). Für die Visualisierung in Cesium ist zunächst eine Überführung in das glTF-Format notwendig. Ein Beispiel in der Demo stellt der Layer „Vorarlberg_Testmodell“ dar.
- "Verstecken" von Bestandsobjekten für Planungsanwendungen: Wenn KML/COLLADA-Modelle in eine Szene eingebunden werden sollen, kann es notwendig sein, die aktuell dort befindlichen Objekte (z.B. Gebäude) entsprechend auszublenden bzw. zu verstecken. Dies kann einerseits mit dem Button „Hide all“ erfolgen; andererseits besteht die Möglichkeit, ein Polygon über die relevante Fläche zu ziehen (mittels "Bounding Box") und lediglich die dort befindlichen Objekte zu selektieren und zu verstecken.
Projektträger
Landesamt für Vermessung und Geoinformation Vorarlberg