Potential der Objekterkennung mit dem Videotheodolit TCA2003
Autor: Peter Wasmeier
Titel: Potential der Objekterkennung mit dem Videotheodolit TCA2003
Art: Diplomarbeit
Jahr, Nr.: 2002, #373
Betreuer: Dipl.-Ing. Werner Stempfhuber (TU München, LfG)
Eine der neuesten Entwicklungen auf dem Gebiet der Tachymetermessung stellen die motorisierten Totalstationen dar. Diese Instrumente versetzen den Nutzer in die Lage, unabhängig von einer weiteren Person Messdaten zu gewinnen. Dazu verfügen sie über die Möglichkeit, Messprismen selbständig zu erkennen und auch zu verfolgen. Eine Möglichkeit, Reflektoren automatisch zu detektieren, stellt die Verwendung von CCD-Chips als Empfangssensoren dar. Derart ausgerüstete Instrumente nennt man dann Videotheodolite.
Im herkömmlichen Anwendungsfall zeichnet die Kamera lediglich die Reflektion eines aktiven Infrarotstrahls am Prisma auf, und bestimmt so dessen Ablagewerte bezüglich des Fadenkreuzes und daraus die Parameter für die Nachführung. Dies reizt jedoch die vorhandenen Möglichkeiten bei weitem nicht aus. Ziel der Diplomarbeit war es, das Potential eines handelsüblichen Tachymeters bei der automatisierten Auswertung von Echtbildszenen zu testen. Dazu wurde ein Algorithmus entwickelt, der exemplarisch Kirchtürme erkennt und daraus die anzuzielenden Punkte (Knauf Unterkante, Stehfuß eines Kreuzes) extrahiert. Diese Ziele werden dann vollautomatisch in mehreren Sätzen gemessen, um die erreichbaren Genauigkeiten zu überprüfen.
Auftretende Schwierigkeiten sind in erster Linie systembedingter Natur, da ein Tachymeter im handelsüblichen Zustand nicht für diese Aufgaben ausgelegt ist. Ein separater Videoausgang muss angelegt werden; zudem leidet die Bildqualität an der mangelnden Fokussierbarkeit der Kamera und am Durchgang durch vorgeschaltete Filterschichten. Aus diesem Grund sind Aufnahmen unter 300 Metern nicht verwertbar.
Die Auswertung der Bilder geschieht mittels unterschiedlicher Bildverarbeitungsoperatoren, die in erster Linie auf Kantenoperatoren basieren. Aus diesen Informationen werden an Hand geeigneter Kriterien wie Abstand, Richtung, etc. gewichtete Hypothesen für Teile des zu extrahierenden Objektes gewonnen. Diese werden anschließend verifiziert und die entsprechenden Zielpunkte daraus berechnet. Die Gewinnung der Ablagewerte für das Ansteuern des Tachymeters ist über geeignete Transformationen möglich.
Extrahierte Ziele werden zusammen mit den Richtungswerten im Speicher abgelegt, um ein späteres zeitsparenderes Wiederfinden zu ermöglichen. Mittels einer praktischen Anwendung - der Berechnung eines Rückwärtsschnitts - wurden die erreichbaren Genauigkeiten und Messumstände überprüft. Es hat sich gezeigt, dass die Messdauer sowohl im automatischen als auch im manuellen Fall in etwa gleich lang ist, wobei das hier vorgestellte System mit zunehmender Satzzahl Vorteile aufweist. Am meisten Zeit wird nämlich in allen Fällen für die erste Phase der Auswertung - die Objekterkennung - aufgewandt.
Die Wiederholgenauigkeit von Einzelmessungen liegt im Bereich weniger Zehntel Milligon, und ist damit einer manuellen Beobachtungüberlegen. Hinzu kommt noch, dass menschliche Operateure bei starker Sonneneinstrahlung zu falschen Anzielungen bezüglich der Kugelmitten neigen. Die Standardabweichungen der Satzmessungen liegen ebenfalls im Bereich von wenigen Zehntel Milligon, was mit den herkömmlichen Verfahren ebenfalls erreicht wird.
Automatische Erkennung nicht signalisierter Objekte mit Videotheodoliten weist ein relativ großes, aber schlecht genutztes Potential auf. Dies liegt vor allem in der mangelnden Zahl von Massenanwendungen begründet. Spezialanwendungen erfordern ein relativ hohes Maß an Einzelfallvorbereitung, und könnten durch Modifikationen seitens der Hersteller wesentlich vereinfacht werden.
Schon jetzt kann die automatisierte Messung auf Echtbild-Basis aber die gestellten Anforderungen an Genauigkeit und Zuverlässigkeit weitgehend erfüllen.