SCHÜLER-LABOR "TUNNELBOHRMASCHINE"
Der Lehrstuhl für Geodäsie entwickelte das technische und didaktische Konzept zum experimentellen Kennenlernen der Steuerung einer Tunnelbohrmaschine mittels Lasertechnik und baute ein methodisches TBM-Modell selbst. Das Experimentieren erforderte Teamgeist, präzises Arbeiten und eine Portion dreidimensionales Vorstellungsvermögen! Lesen Sie hier wie Schüler die im Tunnelbau von Vermessungsingenieuren geforderte Präzision hautnah in Gruppenarbeit erleben konnten...
Das Schüler-Experiment ist exklusiv für das DLR School_Lab am Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrum in Oberpfaffenhofen entstanden. Die Feinmechanische Werkstatt unter Herrn Helmut Schreyer und das Prüflabor des Lehrstuhls für Geodäsie waren federführend für die Umsetzung zuständig. Das technische und didaktische Konzept wurde am Lehrstuhl für Geodäsie entwickelt und erprobt und seit dem Schuljahr 2011/2012 experimentierten Schulklassen in Oberpfaffenhofen um den Durchschlag in höchster Genauigkeit zu schaffen!
Für einen Durchschlag mit der geforderten Genauigkeit muss das Schüler-Team einige Anforderungen erfüllen: Eine Portion dreidimensionales Vorstellungsvermögen hilft beim Umgang mit verschieden räumlich zueinnander ausgerichteten Lasermodulen. Die nötige Sorgfallt muss gegeben sein um den Durchschlag mit der geforderten hohen Genauigkeit feiern zu können.
Tunnelbohrmaschinen sind technologisch sehr hoch entwickelte Maschinen, welche zum Bau von Tunneln weltweit eingesetzt werden. In Großprojekten, wie dem Gotthard Basistunnel oder dem Brenner Basistunnel, werden beidseitige Vortriebe mit mehreren gegenläufigen Tunnelbohrmaschinen realisiert. Hier kommt dem geodätischen Steuerleitsystem eine besondere Bedeutung zu, um letztendlich eine minimale Abweichung am Durchstoßpunkt zu erreichen.
Zu Beginn des Experiments steht die Trassierung des „Tunnels" als 3D-Sollkurve des TBM-Modells, inklusive des festgelegten Durchstoßpunktes (Endpunkt der Tunnelachse). Auf das Erreichen des Durchstoßpunktes werden alle Augen am Ende des Experimentes gerichtet sein! Die Spurpunkte zur Ausrichtung des TBM-Modells am Leitstrahl während des „Vortriebes" können mittels einer den Schülern zur Verfügung stehenden Software berechnet und auf den Zieltafeln eingezeichnet werden.
Der Leitstrahl wird durch einen Tachymeter mit einem aufgesetzten Lasermodul vorgegeben. Aufgabe der Schüler ist es die räumliche Richtung des Laserstrahles über Vermessungspunkte in einem vorhandenen „Portalnetz" herzustellen. Ein auf dem Tachymeter installiertes Programm führt die Schüler durch die einzelnen Schritte der Vermessungsaufgabe. Die geforderte hohe Genauigkeit muss überprüft und gegebenenfalls korrigiert werden.
An mehreren Stationen muss nun das TBM-Modell an der Leitstrahlrichtung mit Hilfe der eingezeichneten Spurpunkte positioniert und orientiert werden. Vorsicht: Wie in der Realität wirken sich Ungenauigkeiten auf die Durchschlagsgenauigkeit im Endpunkt der Trasse aus! Wenn alle „Jungvermessungsingenieure" gute Arbeit leisten gelingt ein Durchschlag in Millimetergenauigkeit. Ein Messprotokoll dokumentiert letztendlich den erfolgreichen Durchschlag des TBM-Modell am Ende des Experimentes.
Hintergrund:
Das um 1970 entwickelte Verfahren nach Stolitzka projiziert einen räumlich orientierten Laserstrahl auf zwei an der Tunnelbohrmaschine angebrachte Zieltafeln, welche normal zur Vortriebsachse der Maschine stehen und vor Beginn der Arbeiten hochgenau in Bezug auf diese eingemessen werden. Aus den bekannten Sollwerten der Tunnelachse (Trasse und Gradiente) lassen sich so im Vorfeld die Soll-Auftreffpunkte des Laserstrahls auf diesen Tafeln berechnen und graphisch auftragen, z. B. im Abstand eines Vortriebsmeters. Um Verrollungen auszuschließen, wird die Lage der Zieltafeln mittels Inklinometer bei den Ablesungen korrigiert. Beim Vortrieb muss die Maschine dann so gesteuert werden, dass die Laserpunkte auf den Spurlinien der Schildfahrdiagramme liegen und bei Erreichen einer bestimmten Stationierung mit den vorausberechneten Punkten zusammenfallen. Moderne automatisierte Verfahren bauen auf diesen Überlegungen auf.